UA-50984094-1
Ihre Browserversion ist veraltet. Wir empfehlen, Ihren Browser auf die neueste Version zu aktualisieren.

 

 

Keuperfossilien

Amphibien

Reptilien

Schildkröten

 

Keuperfossilien

 

Wer hätte gedacht, dass unter Saurier-Forschern Baden-Württemberg weltberühmt ist?  Die großen Schlagzeilen über spektakuläre Saurierfunde scheinen doch überwiegend aus fernen Kontinenten zu uns herüberzudringen, wie etwa aus den USA, Argentinien oder China.

Tatsächlich ist das "Ländle" eines der klassischen Saurier-Fundgebiete der Erde, denn seine Funde sind bereits seit der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert weltweit bekannt.

Neben den Saurierfunden aus dem Schwarzen Jura aus Holzmaden, sind auch die Funde aus dem württembergischen Keuper sehr beachtenswert (z. B. Plateosaurus, der "Schwäbische Lindwurm" aus dem Knollenmergel von Trossingen).

 

    

1. Die Amphibien der Keuperzeit 

Württemberg war zur Keuperzeit ein Paradies für die altertümlichen, vor allem im Erdaltertum verbreiteten Dachschädlerlurche (Stegocephalen). Die Dachschädlerlurche - so benannt, wegen ihres schildförmigen flachen Schädeldachs - entwickelten sich im Lettenkeuper zu einer großen Formenfülle und brachten mit Mastodonsaurus Riesenformen hervor. Zahlreiche Reste dieser großen Urlurche wurden 1977 bei wissenschaftlichen Grabungen des Stuttgarter Naturkundemuseums an der damals noch im Bau befindlichen Autobahn Heilbronn - Nürnberg bei Kupferzell entdeckt. Mit einer Gesamtlänge von über vier Metern, bei einer Schädellänge von bis zu 1,20 m, gilt Mastodonsaurus als der größte Lurch der Erdgeschichte. Bereits in den Jahren 1834 bis 1837 wurden in Gaildorf insgesamt vier Exemplare von Mastodonsauriern gefunden. 

Ein weiterer typischer Dachschädlerlurch ist der etwa zwei Meter lange Metoposaurus. Eines der wenigen, nahezu vollständig erhaltenen Skelette von Metoposaurus stammt aus dem Schilfsandstein von Hanweiler bei Winnenden mit einer Schädellänge von 45 Zentimetern ("Hanweiler Frosch"). 

Im Stubensandstein von Pfaffenhofen im Stromberggebiet kamen außerdem Reste des bis zu einem Meter langen Dachschädlerlurchs Gerrothorax zum Vorschein. Er gilt als einer der merkwürdigsten Urlurche des Keupers: Gerrothorax verblieb auch als erwachsenes Tier in der Larvenform der Lurche mit äußeren Kiemen. Er konnte daher zeitlebens das Wasser nicht mehr verlassen. Mit Gerrothorax verwandt sind die Gattungen Plagiosternum und Plagiosaurus. 

Diese Urlurche waren, nach ihrem Gebiss zu urteilen, ausgesprochen räuberische Tiere. In eine Doppelzahnreihe des Oberkiefers griff beim Schließen des Mauls die einfache Zahnreihe des Unterkiefers. Vorn im Ober- und Unterkiefer steckten lange Fangzähne zum Festhalten, Ergreifen oder Töten der Beutetiere, die unzerkleinert verschlungen wurden. Die Beute wurde blitzschnell mit dem riesigen Fangmaul ergriffen, das bis zu 90° aufgerissen werden konnte. Auf der Körperunterseite im vorderen Brustbereich war ein Kehlbrustpanzer ausgebildet, der aus einer zentralen Knochenplatte (Interclavicula) und den beiden zu Knochenplatten umgewandelten Schlüsselbeinen zusammengesetzt war. Der Kehlbrustpanzer bot einen gewissen Schutz gegen Bisse von angreifenden, räuberischen Tieren.

 

2. Die Reptilien (Echsen und Saurier) der Keuperzeit 

Gleichzeitig mit den amphibischen Mastodonsauriern lebten auf dem Festland Vorfahren der Dinosaurier und säugetierähnliche Reptilien. In den  vorhandenen  Meeresbereichen hielten  sich noch Lebewesen der Muschelkalkzeit, wie Pflasterzahnsaurier (Placodus), Giraffenhalssaurier und Nothosaurier, auf.   

In den letzten Bereichen des Gipskeupermeeres jagte der äußerlich den Schildkröten ähnliche gepanzerte Pflasterzahnsaurier Henodus kleine Krebstiere, die er mit einem Seihapparat aus dem Wasser filterte. Henodus besaß kein vollständiges Pflasterzahngebiss mehr wie seine Vorfahren (Placodus) aus dem Muschelkalk, sondern nur noch je zwei Zähne im Ober- und Unterkiefer. Im Paläontologischen Museum der Universität Tübingen werden acht bis zu 1,20 m lange Skelette aus dem Gipskeuper von Lustnau bei Tübingen aufbewahrt. 

Die im Stubensandstein wichtigste Gruppe wasserlebender Reptilien waren die Krokodilsaurier oder Phytosaurier. Sie gehören zu den Thecodontiern, den unmittelbaren Dinosaurier-Vorfahren. An die Gestalt heutiger Krokodile erinnern die Krokodilsaurier (Phytosauria). Der Name des Krokodilsauriers Nicrosaurus geht auf die lateinische Bezeichnung für den Neckar zurück. Der Schädel des bis zu 10 Meter langen Nicrosaurus erreichte 80 Zentimeter Länge. Krokodilsaurier sind aus dem Stuttgarter Raum, im Stromberggebiet, Aixheim bei Rottweil und Murrhardt bekannt. 

Neben den Krokodilsauriern bilden die Aetosaurier eine weitere größere Gruppe der Thecodontier. Als einer der bedeutendsten Funde aus dem Stubensandstein gilt eine 1,2 mal 1 Meter große Gesteinsplatte mit den Überresten von 24 Adlerkopfechsen der Art Aetosaurus ferratus. Der deutsche Namen dieser bis zu 70 cm langen Aetosaurier basiert darauf, dass ihr Schädel "adlerähnlich" sein soll. Die Fossilplatte wurde 1875 in einem Steinbruch von Stuttgart-Kaltental entdeckt.

Eine dritte Thecodontier-Gruppe bilden die Scheinkrokodile (Rauisuchier), die erstmals in Deutschland durch Funde aus Stuttgarter Stubensandstein-Brüchen bekannt wurden und letztendlich durch die Kupferzeller Funde bestätigt werden konnten. Diese landbewohnenden Tiere hatten - wie die Bezeichnung Scheinkrokodile andeutet - eine den heutigen Krokodilen ähnliche Gestalt mit einem langen Schwanz, abweichend davon jedoch lange Hinterbeine und kurze Vorderbeine. Der Schädel war hoch und schmal, im Gegensatz zu den Krokodilen, die einen breiten und außerordentlich flachen Schädel mit langer Schnauze besitzen. 

Der Stubensandstein hat Württembergs Ruf als klassisches Saurierland mitbegründet. Aus dessen Ablagerungen stammen, wie bereits erwähnt, die ersten Funde von Dinosaurier-Vorfahren (Thecodontier). Sehr frühe Formen jener Dinosauriergruppe sind Sellosaurus, Halticosaurus und Procompsognathus. Bis auf einige bruchstückhafte und kaum bestimmbare Knochen aus dem Schwäbischen Wald stammen die Funde wiederum aus dem Stromberg. Sellosaurus ist ein früher Plateosaurier, der etwa vier Meter Gesamtlänge erreichte. Er lief hauptsächlich vierfüßig, konnte sich aber auch auf beiden Hinterbeinen aufrichten. Wie sein direkter Nachkomme Plateosaurus aus dem Knollenmergel, wird auch Sellosaurus als Pflanzenfresser gedeutet. Er gehört in die Vorfahrenschaft der späteren pflanzenfressenden Großdinosaurier der Jurazeit. Der nur 80 Zentimeter lange Procompsognathus und sein größerer, bis über zwei Meter Gesamtlänge erreichender Verwandter Halticosaurus, waren fleischfressende räuberische Saurier. 

Vom Stubensandstein an bis zum Oberkeuper oder Rhät waren die Plateosaurier die beherrschenden Lebewesen. Im Knollenmergel Württembergs gibt es zahlreiche Fundstellen, an denen Knochen oder Skelettreste von Plateosaurus gefunden wurden, so zum Beispiel bei Welzheim und Wüstenrot (Knochen der Vordergliedmaßen von Pachysaurus ajax). Die berühmtesten Plateosaurier-Fundorte sind Trossingen bei Rottweil und Stuttgart-Degerloch. Durch die zahlreichen Funde in Württemberg ist Plateosaurus so gut bekannt, dass man ihn den „Schwäbischen Lindwurm“ genannt hat. Plateosaurus wurde bis gegen sieben Meter lang. Wie sein Ahne Sellosaurus aus dem Stubensandstein konnte sich auch Plateosaurus auf den Hinterbeinen aufrichten, lief jedoch meist vierfüßig, wie seine fossilen Fährtenabdrücke belegen.  Plateosaurier fand man auch außerhalb Württembergs: In Franken, Thüringen, Sachsen und in der Schweiz, in Frankreich, England, Russland, Nord- und Südafrika, in Süd- und Nordamerika, ja sogar in China. Offenbar waren die Plateosaurier im oberen Keuper weltweit verbreitet, was darauf hindeutet, dass die Kontinente damals im Urkontinent Pangäa noch vereinigt waren. Die mit Beginn der Obertrias fast weltweit verbreiteten Plateosaurier starben in der Unterjurazeit sehr wahrscheinlich nachkommenlos aus.

 

3. Die Schildkröten der Keuperzeit 

In Württemberg tauchten zur Keuperzeit die ersten Schildkröten der Erde auf. Der durch Fossilfunde am besten belegte Zeitabschnitt des Keupers in Württemberg ist sicherlich der Stubensandstein. Ihm entstammen die ältesten Schildkröten der Erde, die vermutlich aus landlebenden Reptilien hervorgegangen sind. 

Als paläontologisch älteste Form gilt die Gattung Proterochersis aus dem Stubensandstein. Fast alle der etwa 15 bekannten Funde stammen aus dem Rems-Murr-Kreis. Einer der bedeutendsten Funde einer Urschildkröte besteht aus einem Steinkern (Länge: 37 cm), der in Karnsberg bei Murrhardt im unteren Stubensandstein entdeckt wurde (Exponat im Schweizer Museum, Murrhardt). Die hochgewölbte Panzerschale ähnelt dem Panzer der griechischen Landschildkröten und spricht somit für ein reines landlebendes Tier. Weitere gut erhaltene Exemplare stammen aus Oberbrüden, Welzheim, Mainhardt, Rudersberg und Grunbach, um nur einige Fundorte zu nennen. 

Mit Proterochersis verwandt ist die paläontologisch etwas jüngere Schildkröte Proganochelys aus dem mittleren Stubensandstein von Aixheim bei Rottweil und dem Knollenmergel von Trossingen. Proganochelys hat einen längeren und breiteren, außerdem auch flacheren Panzer als Proterochersis.

 

4. Schlussbetrachtung 

Obwohl die Urlurch-, Saurier- und Schildkrötenfunde aus dem südlichen, mittleren und nördlichen Keuper Württembergs recht zahlreich sind, fehlen entsprechende Funde aus dem Aspacher Keuperbergland. Im Raum Aspach nicht anstehende oder nicht ausgebildete Keuperschichten (z.B. Lettenkeuper und Schilfsandstein) und fehlende Aufschlüsse (z.B. im Stubensandstein) sind mit ein Grund, dass keine Fossilfunde vorhanden sind. Darüber hinaus haben bei der Entstehung von Fossilien auch andere Faktoren wie Strömungsverhältnisse in den damaligen Gewässern oder die Verteilung zwischen Festland und Wasser eine entscheidende Rolle gespielt.

Hermann Reinhardt (August 2003)

  

   

Cookie-Regelung

Diese Website verwendet Cookies, zum Speichern von Informationen auf Ihrem Computer.

Stimmen Sie dem zu?